Mittwoch, 24. März 2010
Nena wird 50
Die schärfste Grossmutter der Nation
Seit 30 Jahren macht Nena Musik. Nebenbei moderierte sie und spielte in mehreren Filmen. Heute wird das einstige NDW-Sternchen 50 Jahre alt und sieht jünger aus als je zuvor.

Am 27. Januar 2010 steht Nena um Viertel nach Acht auf der Bühne des Berliner Tempodroms. Aber sie singt nicht, sie spricht nur ein paar Worte: „Es ist mir eine große Ehre, einen guten alten Freund anzusagen, Peter Maffay.“ Dann überlässt sie dem Rocker die Bühne, der sein aktuelles Album „Tattoos“ präsentiert. Nur ein paar Wochen später, es ist der 4. März 2010, gibt es ein erneutes Aufeinandertreffen. Diesmal hält Nena die Laudatio auf Peter Maffay, der beim Echo 2010 den Preis für sein Lebenswerk erhält. Spult man die Zeit knapp 30 Jahre zurück, wäre ein solches Szenario wohl undenkbar gewesen.

1982 trennten Nena und Peter Maffay Welten, waren die beiden gefühlte Millionen Lichtjahre voneinander entfernt. Nena, als Gabriele Susanne Kerner am 24. März 1960 im westfälischen Hagen geboren, war mit ihrer gleichnamigen Band der neue Star der Neuen Deutschen Welle, während Peter Maffay sich mühte, sein Schlagersänger-Image abzuschütteln und endlich als Rocker anerkannt zu werden. Aber drei Jahrzehnte im Showbiz haben aus beiden Ikonen der deutschen Pop- und Rockmusik gemacht, die zudem ihr großes Engagement für Kinder verbindet.



Die Neue Deutsche Welle als Sprungbrett

Als 19-Jährige lernte Gabriele Susanne Kerner, die seit ihrem dritten Lebensjahr den Spitznamen Nena trägt, in einer Hagener Diskothek den Gitarristen Rainer Kitzmann kennen. Der unterbreitete ihr den Vorschlag als Sängerin in seiner Band The Stripes mitzuwirken, was Nena umgehend annahm. Allerdings war der Band trotz eines Auftritts in der damals sehr beliebten TV-Show „Disco“ kein großer Erfolg beschieden. Aufgefallen ist sie Ilja Richter, dem Moderator von „Disco“, aber schon damals. „Die Augen sind die Fenster zur Seele, und wenn ich in die Augen von Nena gucke, dann sind das immer noch die gleichen Augen von damals“ schwärmte Richter kürzlich in einem Interview.

Nach dem Auseinanderbrechen der Stripes ging Nena mit dem Schlagzeuger Rolf Brendel, der damals auch ihr Lebensgefährte war, nach Berlin und gründete mit Uwe Fahrenkrog-Petersen, Carlo Karges und Jürgen Dehmel die Band NENA. Reinhold Heil und Manfred Praeker von Spliff erkannten das Potential der Band und produzierten das erste Album „NENA“. Nachdem die Band den Song „Nur Geträumt“ in der Sendung „Musikladen“ präsentiert hatte, schoss die Single bis auf Platz Zwei der deutschen Charts. Es sollte noch besser kommen: Die zweite Auskopplung „99 Luftballons“ schnellte in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Platz Eins.

Selbst in den USA stieg die deutsche Fassung bis auf Platz Zwei und verkaufte sich in wenigen Wochen über eine halbe Million mal. In Großbritannien platzierte sich die englische Version „99 Red Balloons“ gar auf Platz Eins und die internationalen Medien feierten ein neues „Deutsches Frollein-Wunder“. Mit dem Album „?“ von 1984 und den Singles „Rette mich“ und „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ ging es weiter auf der Überholspur, gefolgt vom ebenfalls erfolgreichen Album „Feuer und Flamme“. Mit dem vierten Album „Einsbrecher“ kam 1986 allerdings der Einbruch. Nur Platz 45 in den LP-Charts war für die erfolgsverwöhnte Band eine herbe Enttäuschung. Ein Jahr später trennte sich die Band.



Solo-Künstlerin und Mutter

1989 musste Nena mit dem Tod ihres ersten, behindert zur Welt gekommenen Kindes einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen. Auf der im selben Jahr veröffentlichten CD „Wunder gescheh’n“ verarbeitete sie diesen Verlust. „Wunder gescheh’n“ markierte einen Neuanfang – und es wunderte niemanden, dass die attraktive Sängerin sich damit in den Top 20 platzieren konnte. Die Geburt ihrer Zwillinge inspirierte Nena 1990 schließlich zu ihrer ersten Kinderlieder-LP „Komm, lieber Mai“, der noch mehrere folgten.

Dann offenbarte sich eine gewisse stilistische Orientierungslosigkeit. Das Album „Bongo Girl“ (1992) bot nur durchschnittliche Kost. Auf ihrem dritten Album „Und alles dreht sich“ (1994) zeigte sich Nena dann als gereifte und souveräne Künstlerin, aber der Großteil der alten Fans wollte die sparsam instrumentierten und balladesken Songs nicht hören. Das Album wurde in kommerzieller Hinsicht ein Misserfolg. Obwohl Nena auch in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre sehr aktiv war, sich als Schauspielerin und als Moderatorin ausprobierte, schien ihre große Zeit vorüber zu sein.

Comeback und Familienfreuden

Erst mit der CD „NENA feat. Nena“ von 2002, auf der es neue Versionen der alten Hits gab, kehrte die dreifache Mutter auf die Erfolgsspur zurück. Ihr apartes Duett mit Kim Wilde „Anyplace, Anywhere, Anytime“ (eine Neufassung von „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“) konnte sich 2003 wochenlang in den Top Ten der deutschen Single-Charts halten. Das endgültige Comeback kam zwei Jahre später mit der Doppel-CD „Willst Du mit mir gehn“. Der Erfolg verschaffte Nena auch einige lukrative Werbeverträge. Im Vorjahr erschien das Album „Made in Germany“, mit dem die Sängerin im April auf eine ausgedehnte Tournee gehen wird.

Am ersten Weihnachtsfeiertag 2009 wurde Nena zum ersten Mal Oma. Die 19-jährige Tochter Larissa brachte Carla Maria zur Welt. Nur zwei Tage später wurde Larissas Zwillingsbruder Sakias Vater eines Sohnes und machte Nena zum zweiten Mal zur Großmutter. „Man kann es fast nicht glauben, dass man faktisch zur selben Zeit doppelte Großmutter wird. Wir sind unendlich glücklich“, sagte Nena der „Bild“-Zeitung. Nun darf man der Sängerin zu ihrem 50. Geburtstag wohl den Titel „Die schärfste Großmutter der Nation“ verleihen.
Text: Holger Erdmann / Quelle: www.focus.de

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