Donnerstag, 16. Dezember 2010
Zum Tod des Regisseurs Blake Edwards
Der flüchtige Glanz des Lebens
Der flüchtige Glanz des Lebens
crizcgn, 22:32h
Er war der Erneuerer der klassischen Hollywoodkomödie, seine Karriere ein Auf und Ab zwischen Kinotriumphen und Niederlagen: Blake Edwards schuf „Frühstück bei Tiffany“, den“Partyschreck“ und den „Rosaroten Panther“. Edwards ist mit 88 Jahren in Santa Monica gestorben.
Es gibt eine kurze und eine lange Wahrheit über den amerikanischen Filmregisseur Blake Edwards. Die kurze lautet: Er hat einige der witzigsten, treffendsten, umwerfendsten Filmkomödien aller Zeiten gedreht. Die lange aber geht so: Er war eine Figur des Übergangs, der schwierigen Verwandlung des alten, klassischen Hollywood in die die postmoderne Blockbuster-Fabrik, die wir heute kennen, und er hat diesen Übergang nicht nur miterlebt, sondern auch oft genug erlitten.
Seine Karriere war ein Auf und Ab zwischen Kinotriumphen und Niederlagen. Zu diesen Niederlagen gehörte beispielsweise die Agentengeschichte „Darling Lili“ mit Julie Andrews, Edwards' Ehefrau, und Rock Hudson, der einen amerikanischen Doppeldeckerpiloten im Ersten Weltkrieg spielt. Der Film, 1970 in Irland entstanden, ist ein Wunder an Schnittrhythmus, Erzähltempo und elegantem Humor, aber der Firma Paramount, die ihn produzierte, war er nicht marktgängig genug. Sie nahm ihn Edwards aus den Händen und brachte ihn überstürzt in die Kinos; „Darling Lili“ wurde ein Flop.
Nur ein Jahr zuvor hatte der Regisseur die vielleicht beste seiner vielen klassischen Komödien gedreht: „Der Partyschreck“, die Geschichte des Kleindarstellers Hrundi V. Bakshi - gespielt von Edwards' langjährigem Lieblingsdarsteller Peter Sellers -, der die Hollywoodwelt der teuren Filmsets und der verkrampften abendlichen Gelage durch seine treuherzigen Versuche, ein Teil von ihr zu werden, mit hinreißender Zwangsläufigkeit ins Chaos stürzt. Wer gesehen hat, wie Sellers in diesem Film ein Badezimmer in Beverly Hills zerlegt oder ein gebratenes Hähnchen in die Turmfrisur einer Tischdame katapultiert, wird diese Szenen nicht vergessen. Mit „The Party“ hat Edwards den Slapstick auf eine Höhe geführt, die seitdem nur manchmal erreicht und nie überboten worden ist.
Wie viele große Regisseure des zwanzigsten Jahrhunderts hat auch Blake Edwards seine Laufbahn als Drehbuchautor begonnen. Für Orson Welles' Hörspiel „Krieg der Welten“ schrieb er angeblich die legendäre Zeile „Sie sind hier, und sie sind hungrig“, später verfasste er jahrelang die Skripts für Fernsehserien wie „Peter Gunn“ und „Richard Diamond, Privatdetektiv“. Mit dem Spielfilm „Unternehmen Petticoat“ (1959) gaben ihm die Studios seine erste große Chance, und er nutzte sie. Die U-Boot-Komödie mit Cary Grant und Tony Curtis wurde ein Kassenerfolg, und Edwards war fortan ein Hoffnungsträger in Hollywood.
Der Regisseur bringt „Tiffany“ zum Leuchten
Der Sprung in die Reihe der ganz großen Regisseure, der ihm zwei Jahre später mit „Frühstück bei Tiffany“ gelang, war dennoch nicht abzusehen, und bis heute fragt man sich, wenn man den Film sieht, wie eine so zauberisch leichte und dabei makellos erzählte Arabeske mitten im Kalten Krieg und im Rückzugskampf der großen Studios gegen das Fernsehen entstehen konnte.
Natürlich spielt dabei die Besetzung mit Audrey Hepburn und George Peppard und gewiss auch die Musik von Henri Mancini eine wesentliche Rolle, aber dies alles würde nicht die berauschende Wirkung entfalten, die es noch auf den heutigen Zuschauer hat, wenn der Blick des Regisseurs es nicht zusammenhalten und zum Leuchten bringen würde. Mit „Frühstück bei Tiffany“ begann das große Jahrzehnt des Blake Edwards.
Es folgten die beiden ersten Kinofilme der „Pink Panther“-Serie, die im Genre der Krimikomödie bis heute den Goldstandard setzt, und der Kriegsschwank „Was hast du denn im Krieg gemacht, Pappi?“ mit James Coburn. Für „Das große Rennen“ brachte Edwards Jack Lemmon und Tony Curtis zusammen, in „Die Tage des Weins und der Rosen“, einem seiner seltenen Melodramen, ließ er Lemmon und Lee Remick ein Alkoholiker-Ehepaar spielen.
Bei allem Zynismus - er war ein Romantiker
Doch nach dem Misserfolg von „Darling Lili“ musste sich der Kinovirtuose zehn Jahre lang mit kleineren Projekten und wenig inspirierten Fortsetzungen seines „Rosaroten Panthers“ herumschlagen. Erst mit „Zehn - Die Traumfrau“ fand Edwards wieder Anschluss an die filmische Gegenwart. Die tragikomische Moritat des alternden Komponisten George, der mit Hilfe einer von Bo Derek gespielten Blondine und des Ravel-Klassikers „Bolero“ wieder in die Spur seines Lebens zurückfindet, brachte seine alten Motive ein weiteres Mal zum Klingen: die Odyssee des Mannes zwischen Liebe und Sex, die Sehnsucht, in der Hektik des modernen Lebens einen Ruhepunkt zu finden, die Lust an der Verstellung, verbunden mit dem Wunsch, hinter all den Masken dennoch erkannt zu werden.
Bei allem Zynismus, den er gelegentlich durchblicken ließ, war Edwards ein Romantiker, der an die heilende Wirkung der Kunst glaubte, an die Magie von Gemälden, Musikstücken, Gedichten und Filmen. In „Victor/Victoria“, der wundervollen späten Hommage des Regisseurs an seine Frau Julie Andrews, ist die lyrische Eleganz der Kulissen und Kamerabewegungen mit Händen zu greifen, und selbst ein Film wie „Switch“, die letzte der vielen Verwechslungs- und Verwandlungsgeschichten, die Edwards erzählt hat, wird durch die Musik von Henry Mancini und Joni Mitchell und den leichthändigen Gestus der Regie weit über den Durchschnitt gewöhnlicher Beziehungskomödien hinausgehoben.
Nach „Der Sohn des rosaroten Panthers“, der 1993 entstandenen Wiederauflage seiner schon mythisch gewordenen Kinoserie mit Roberto Benigni als Nachfolger von Peter Sellers, hat Blake Edwards keine Filme mehr gedreht. Im Jahr 2004 verlieh ihm die Academy in Hollywood einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk - jenen Oscar, den er für keinen seiner Filme bekommen hat. Jetzt ist Blake Edwards in Santa Monica an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Er wurde 88 Jahre alt.
Quelle: www.faz.net
Es gibt eine kurze und eine lange Wahrheit über den amerikanischen Filmregisseur Blake Edwards. Die kurze lautet: Er hat einige der witzigsten, treffendsten, umwerfendsten Filmkomödien aller Zeiten gedreht. Die lange aber geht so: Er war eine Figur des Übergangs, der schwierigen Verwandlung des alten, klassischen Hollywood in die die postmoderne Blockbuster-Fabrik, die wir heute kennen, und er hat diesen Übergang nicht nur miterlebt, sondern auch oft genug erlitten.
Seine Karriere war ein Auf und Ab zwischen Kinotriumphen und Niederlagen. Zu diesen Niederlagen gehörte beispielsweise die Agentengeschichte „Darling Lili“ mit Julie Andrews, Edwards' Ehefrau, und Rock Hudson, der einen amerikanischen Doppeldeckerpiloten im Ersten Weltkrieg spielt. Der Film, 1970 in Irland entstanden, ist ein Wunder an Schnittrhythmus, Erzähltempo und elegantem Humor, aber der Firma Paramount, die ihn produzierte, war er nicht marktgängig genug. Sie nahm ihn Edwards aus den Händen und brachte ihn überstürzt in die Kinos; „Darling Lili“ wurde ein Flop.
Nur ein Jahr zuvor hatte der Regisseur die vielleicht beste seiner vielen klassischen Komödien gedreht: „Der Partyschreck“, die Geschichte des Kleindarstellers Hrundi V. Bakshi - gespielt von Edwards' langjährigem Lieblingsdarsteller Peter Sellers -, der die Hollywoodwelt der teuren Filmsets und der verkrampften abendlichen Gelage durch seine treuherzigen Versuche, ein Teil von ihr zu werden, mit hinreißender Zwangsläufigkeit ins Chaos stürzt. Wer gesehen hat, wie Sellers in diesem Film ein Badezimmer in Beverly Hills zerlegt oder ein gebratenes Hähnchen in die Turmfrisur einer Tischdame katapultiert, wird diese Szenen nicht vergessen. Mit „The Party“ hat Edwards den Slapstick auf eine Höhe geführt, die seitdem nur manchmal erreicht und nie überboten worden ist.
Wie viele große Regisseure des zwanzigsten Jahrhunderts hat auch Blake Edwards seine Laufbahn als Drehbuchautor begonnen. Für Orson Welles' Hörspiel „Krieg der Welten“ schrieb er angeblich die legendäre Zeile „Sie sind hier, und sie sind hungrig“, später verfasste er jahrelang die Skripts für Fernsehserien wie „Peter Gunn“ und „Richard Diamond, Privatdetektiv“. Mit dem Spielfilm „Unternehmen Petticoat“ (1959) gaben ihm die Studios seine erste große Chance, und er nutzte sie. Die U-Boot-Komödie mit Cary Grant und Tony Curtis wurde ein Kassenerfolg, und Edwards war fortan ein Hoffnungsträger in Hollywood.
Der Regisseur bringt „Tiffany“ zum Leuchten
Der Sprung in die Reihe der ganz großen Regisseure, der ihm zwei Jahre später mit „Frühstück bei Tiffany“ gelang, war dennoch nicht abzusehen, und bis heute fragt man sich, wenn man den Film sieht, wie eine so zauberisch leichte und dabei makellos erzählte Arabeske mitten im Kalten Krieg und im Rückzugskampf der großen Studios gegen das Fernsehen entstehen konnte.
Natürlich spielt dabei die Besetzung mit Audrey Hepburn und George Peppard und gewiss auch die Musik von Henri Mancini eine wesentliche Rolle, aber dies alles würde nicht die berauschende Wirkung entfalten, die es noch auf den heutigen Zuschauer hat, wenn der Blick des Regisseurs es nicht zusammenhalten und zum Leuchten bringen würde. Mit „Frühstück bei Tiffany“ begann das große Jahrzehnt des Blake Edwards.
Es folgten die beiden ersten Kinofilme der „Pink Panther“-Serie, die im Genre der Krimikomödie bis heute den Goldstandard setzt, und der Kriegsschwank „Was hast du denn im Krieg gemacht, Pappi?“ mit James Coburn. Für „Das große Rennen“ brachte Edwards Jack Lemmon und Tony Curtis zusammen, in „Die Tage des Weins und der Rosen“, einem seiner seltenen Melodramen, ließ er Lemmon und Lee Remick ein Alkoholiker-Ehepaar spielen.
Bei allem Zynismus - er war ein Romantiker
Doch nach dem Misserfolg von „Darling Lili“ musste sich der Kinovirtuose zehn Jahre lang mit kleineren Projekten und wenig inspirierten Fortsetzungen seines „Rosaroten Panthers“ herumschlagen. Erst mit „Zehn - Die Traumfrau“ fand Edwards wieder Anschluss an die filmische Gegenwart. Die tragikomische Moritat des alternden Komponisten George, der mit Hilfe einer von Bo Derek gespielten Blondine und des Ravel-Klassikers „Bolero“ wieder in die Spur seines Lebens zurückfindet, brachte seine alten Motive ein weiteres Mal zum Klingen: die Odyssee des Mannes zwischen Liebe und Sex, die Sehnsucht, in der Hektik des modernen Lebens einen Ruhepunkt zu finden, die Lust an der Verstellung, verbunden mit dem Wunsch, hinter all den Masken dennoch erkannt zu werden.
Bei allem Zynismus, den er gelegentlich durchblicken ließ, war Edwards ein Romantiker, der an die heilende Wirkung der Kunst glaubte, an die Magie von Gemälden, Musikstücken, Gedichten und Filmen. In „Victor/Victoria“, der wundervollen späten Hommage des Regisseurs an seine Frau Julie Andrews, ist die lyrische Eleganz der Kulissen und Kamerabewegungen mit Händen zu greifen, und selbst ein Film wie „Switch“, die letzte der vielen Verwechslungs- und Verwandlungsgeschichten, die Edwards erzählt hat, wird durch die Musik von Henry Mancini und Joni Mitchell und den leichthändigen Gestus der Regie weit über den Durchschnitt gewöhnlicher Beziehungskomödien hinausgehoben.
Nach „Der Sohn des rosaroten Panthers“, der 1993 entstandenen Wiederauflage seiner schon mythisch gewordenen Kinoserie mit Roberto Benigni als Nachfolger von Peter Sellers, hat Blake Edwards keine Filme mehr gedreht. Im Jahr 2004 verlieh ihm die Academy in Hollywood einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk - jenen Oscar, den er für keinen seiner Filme bekommen hat. Jetzt ist Blake Edwards in Santa Monica an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Er wurde 88 Jahre alt.
Quelle: www.faz.net
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